Business Modell Canvas (BMC)

Use Case: Business Modell Canvas

Use-Case Management

Mit dem Business Modell Canvas die Weichen für die Zukunft stellen

Digitalisierung, Vernetzung, Globalisierung – was auch immer diese Megatrends genau bedeuten, jeder kennt sie und ist überzeugt vom Marktpotential, das sie schon heute, vor allem aber in Zukunft mit sich bringen. Aber wie schöpfe ich das volle Potential als etabliertes mittelständisches Unternehmen aus? Jeder Manager macht sich tagtäglich Gedanken darüber, wie er das Unternehmen oder seine Abteilung so aufstellen kann, damit der Wettbewerb nicht zur ernstzunehmenden Konkurrenz wird. Auch die Marktbedürfnisse von morgen gilt es bereits heute in die Strategie einzubinden. Um diese Fragen zu beantworten, lohnt sich ein Blick auf das bestehende Geschäftsmodell. Dies hat ein mittelständischer Automobilzulieferer zusammen mit der Beratergruppe Palatina unter Anwendung des Business Modell Canvas gemacht. Mit dieser Methode lässt sich nicht nur das Geschäftsmodell neu definieren, das Werkzeug lässt sich auch hervorragend in Beratungsprojekten einsetzen und dient dort als Startpunkt für Folgeprojekte.

Die Deutsche Automobilzulieferindustrie profitiert von der Konjunkturerholung in Europa, doch ihr stehen große Umbrüche bevor durch Themen wie autonomes Fahren, Elektrifizierung, innovative Mobilitätskonzepte oder neue Wettbewerber. Alarmiert durch das Ergebnis einer Studie vom Institut für Automobilforschung, dass jeder dritte Zulieferer in den kommenden fünf bis acht Jahren vom Markt verschwinden wird, entschloss sich die Geschäftsführung, das bestehende Geschäftsmodell in einem Beratungsprozess mit seinen Managern zu überdenken und so die Weichen für die Zukunft zu stellen. Vorgegebenes Ziel für die Zukunft: Den Markt möglichst effektiv und nachhaltig zu bearbeiten und neue Erlösmodelle zu finden.

Die Beratungsgruppe Palatina entschied sich für die Anwendung des Business Modell Canvas, da mit diesem Werkzeug in kürzester Zeit die neun Bausteine, die jedem Geschäftsmodell zugrunde liegen, analysiert, definiert und im Kreativprozess neu positioniert werden können. Hierzu gehören: Kundensegment, Kundenbeziehungen, Kanäle, Einnahmenquellen, Kostenstruktur, Schlüsselressourcen, Schlüsselpartner, Schlüsselaktivitäten und Werteangebot. Auf dem Canvas, der Leinwand, lassen sich so Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seinem Angebot auf der einen Seite und den Kunden und Partnern auf der anderen Seite darstellen und entwickeln. Eine schnelle Visualisierung komplexer Zusammenhänge ist so auf einen Blick möglich. Unternehmen bietet der geschulte Umgang mit der Canvas eine Vielzahl an konkreten Möglichkeiten und Szenarien, um neue Produkte zu entwickeln, Märkte zu erschließen oder sogar neue Märkte entstehen zu lassen.

Doch bevor es in den Kreativprozess mit bunten Post-Its ging, galt es zu analysieren, wo die Hauptdefizite des Zulieferers im Hinblick auf seine Zukunftssicherung liegen. Offensichtlich verfügte das Management über wenige Kenntnisse von Digitalisierungsstrategien und vorgelagerten Zulieferern (Industrie 4.0). Auch eine passive Risikovermeidungs-Strategie und eine punktuelle, engpassorientierte Personalbeschaffungsmaßnahme wurden weiterhin als Gründe genannt, die eine Anpassung an neue Märkte ausbremsten. Zum Thema Globalisierung gab es keine Ansätze, durch Übernahmen oder Kooperation auch hier einen Schritt weiter in die Zukunft zu gehen und sich gegen Wettbewerber zu etablieren.

Da es sich beim Business Modell Canvas um im hohen Maße kreative Prozesse handelt, laufen diese in der Regel nicht streng linear hintereinander ab. Viel mehr kommt es zu Iterationsschleifen bzw. einer parallelen Bearbeitung mehrerer Phasen. Bereits im ersten Workshop wurden wichtige Meilensteine mit dem Management erarbeitet sowie die Ergebnisse und der Mehrwert der Zusammenarbeit definiert. Diese galt es nun in einem zweiten Workshop mit Hilfe des Business Modell Canvas und weiteren Workshop-Techniken zu verdichten. Um ein Unternehmen, eine Abteilung oder ein Team strategisch neu aufzustellen, brauchen sowohl die involvierten Führungskräfte als auch die Mitarbeiter eine klare Vorstellung über die zukünftige Entwicklung und eine Definition dieser. Diese Positionierung ermöglicht es, in den gegebenen Rahmenbedingungen eine gemeinsame Vorstellung darüber zu entwickeln, wie das Unternehmen in einigen Jahren aussehen könnte.

In der Praxis sah dies so aus, dass die Teilnehmer nach einer ersten Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse aus Workshop 1 nun in Gruppen nach den einzelnen Segmenten des Business Modell Canvas eingeteilt wurden. Auf Basis einer ausgedruckten Vorlage (Canvas / Leinwand) sollten die Teilnehmer ohne großes Brainstorming Ihre Ideen als Stichworte auf einzelne Post-Its notieren und diese auf die Leinwand kleben. So entstand in kürzester Zeit eine große Anzahl an Ideen für die einzelnen Bereiche beziehungsweise Felder, die dann zur Verdichtung in den Gruppen diskutiert wurden.

Nach einem „Inspiration-Walk“ ging es in die zweite Runde. Hier galt es die einzelnen Segmente in ein Gesamtverständnis zu bringen. So konnten Ideen immer klarer und zielgerichteter erarbeitet werden bis zur finalen Version, die es dann als Geschäftsmodell zu visualisieren galt. Hier zeigte sich noch einmal, wie einfach und schnell sich anhand des Canvas ein bestehendes Geschäftsmodell modellieren lässt und sehr gut geeignet ist, um im Rahmen eines Strategieentwicklungsprozesses sowohl für Klarheit und ein gemeinsames Bild der Zukunft zu sorgen als auch konkrete Stellhebel und Handlungsfelder bei der Umsetzung zu erzeugen.

Folgende Handlungsfelder wurden nun abgeleitet: Neben der Automobilindustrie wird das Unternehmen auch andere Branchen (z. B. Medizintechnik, Life-Science) zukünftig beliefern. Geplant ist die schrittweise Vernetzung von Maschinen und dann Produktionsstandorten. Durch systematische Betriebsdatenerfassung wird der Zulieferer auf Industrie 4.0 vorbereitet. Ein ausgeprägtes internes Risikomanagement durch Qualitätsvorausplanung und Tracking der Qualitätskennzahlen und -kosten wird etabliert. Zudem wird mittelfristig die Globalisierung durch Kooperationen und Zukäufe auf der Agenda stehen. Die Beratergruppe Palatina begleitet den Prozess weiterhin und coacht Führungskräfte und Manager. Denn künftig wird Führung im digitalen Zeitalter nicht überflüssig. Im Gegenteil: Sie wird mehr denn je gebraucht!


Dr. Franz Metz, Geschäftsführer der Beratergruppe Palatina im Interview zum Thema Business Modell Canvas (BMC)

Methoden für die Etablierung von Startups werden immer beliebter auch bei etablierten Unternehmen und KMUs. Woher kommt diese Konjunktur?
Dr. Franz Metz: Ich glaube, dass das Silicon Valley und der Erfolg der dort ansässigen Unternehmen für eine neue Idee von Unternehmertum stehen, die bisherige Ansätze radikal infrage stellen. Disruptive Geschäftsmodelle sind nun auch in etablierten Branchen, wie zum Beispiel in der Finanzbranche, Automobilindustrie oder im stationären Handel gefragt. Viele mittelständige Unternehmen sind mit diesem Thema allerdings überfordert und stellen ihre Geschäftsmodelle immer noch nicht in Frage. Es lohnt sich immer einen Blick auf die erfolgreichen Unternehmen zu werfen und diese sind größtenteils im Silicon Valley in nur wenigen Jahren entstanden. Darüber hinaus gibt es aus diesem Dunstkreis eine Fülle von richtig guten Methoden, die die Umsetzung von überarbeiteten oder neuen Geschäftsideen sehr gut unterstützt, bevor ein Dollar Invest in die Hand genommen werden muss. Die Business Modell Canvas Methode ist eine davon.

Ist der BMC für alle Unternehmen und Branchen geeignet?
Dr. Franz Metz: Auf jeden Fall, zumindest was die Beschreibung des Geschäftsmodells betrifft. Im Geschäftsmodell wird definiert, welche Leistungen, für welche Kunden, wie geliefert werden soll und über welche Kanäle. Anhand von neun Feldern wird ein Geschäftsmodell komplett beschreibbar. Auch zur Analyse bisheriger Anbieter und potentieller Wettbewerber ist die Methode wunderbar geeignet. Man weiß aus Erfahrung, dass eine neue unternehmerische Idee nur dann wirklich erfolgreich ist, wenn im Geschäftsmodell ein deutlicher Unterschied zu den bisherigen Anbietern besteht. Sehr gute Beispiele sind zum Beispiel Nespresso: Mit der Erfindung der Kaffeekapsel ist es möglich, Kaffee auf höchstem Niveau und an jedem Ort der Welt zuzubereiten. Oder die Erfolgsgeschichte Thermomix: Die ganze Küche weitestgehend automatisiert und in nur einem Gerät. Mit iTunes revolutionierte Apple den digitalen Musikmarkt.

Was wollen Sie mit dem BMC vermitteln?
Dr. Franz Metz: Eine einfache Methode, mit der praktisch jeder Laie unter entsprechender Anleitung Geschäftsmodelle darstellen, die Besonderheiten erkennen und optimieren kann. Damit wird Unternehmertum und strategische Unternehmensentwicklung für Gründer und kleinere Unternehmen relativ einfach machbar. Erfahrene Manager, die jahrelang in einem Geschäftsmodell arbeiten, erkennen leicht die Stärken und Schwächen ihres bisherigen Ansatzes und erhalten eine Fülle von Verbesserungsideen.

Was raten Sie Unternehmen die sich entscheiden, ihre strategische Ausrichtung durch einen BMC zu erarbeiten?
Dr. Franz Metz: Sich auf Überraschungen und neue Impulse gefasst machen. Oft sind die Impulse so einfach, dass es schmerzt, wenn man daran denkt, dass einem diese Ideen nicht schon früher gekommen sind.

Auf was sollten Unternehmen besonders achten, wenn diese einen BMC erstellen?
Dr. Franz Metz: Bei der Strategiearbeit und der Arbeit am Geschäftsmodell ist weniger das Problem, neue Ideen zu entwickeln, sondern diese umzusetzen. Daher sollten Mitarbeiter in entscheidenden Positionen beteiligt werden und alle Mitarbeiter über die Ergebnisse informiert werden. Die Herausforderung liegt weniger bei der Inspiration, sondern eher bei der Transpiration – der schweißtreibenden Umsetzung. Neue Ideen stellen bestehende Strukturen infrage und implementieren immer Veränderungen, die in der Regel erst einmal abgelehnt werden. Deswegen ist diese Methode vermutlich im Silicon Valley entstanden. Dort gab es am Anfang nur die Absicht, etwas Neues zu entwickeln und nicht etwas bereits Vorhandenes zu verbessern.


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